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Berlin (KNA) Mit einem symbolischen Friedensgruß von Repräsentanten der Weltreligion unter dem Brandenburger Tor und einer Papstbotschaft ist am Dienstagabend das Internationale Friedenstreffen der christlichen Gemeinschaft Sant’Egidio zu Ende gegangen. Unter dem Motto „Frieden wagen“ hatten sich Spitzenvertreter aus Kirche, Religion und Politik in Berlin drei Tage in 20 Foren über Themen von Abrüstung, Klimawandel und Migration ausgetauscht. Hauptthema war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Papst Franziskus rief in seiner Friedensbotschaft die Teilnehmer dazu auf, kühne Schritte zum Frieden zu wagen.

Vor dem Friedensgruß hatten sich die Vertreter der Religionen an verschiedenen Orten versammelt, um „gemäß ihren Traditionen für den Frieden zu beten“. So kamen etwa die Juden am nahe gelegenen Denkmal für die ermordeten Juden Europas zusammen. Dann tauschten alle auf dem Pariser Platz den Friedensgruß aus.

Auf einer Großleinwand wurden Bilder vom Holocaust, dem Mauerbau, dem Ukrainekrieg, von Flüchtlingen sowie von Opfern von Hunger und Klimawandel eingespielt. Anschließend erhoben sich alle zu einer Schweigeminute für die Opfer von Terror und Gewalt. Die Religionsvertreter unterzeichneten einen Berliner Friedensappell, für die katholische Kirche tat dies Kardinal Walter Kasper, für die evangelische Kirche Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Symbolisch wurden Kerzen entzündet und Plakate mit der Aufschrift Frieden in die Luft gehalten.

In dem Friedensappell hieß es: „Kein Krieg ist ewig!“ und „Frieden bedeutet nicht, sich mit der Ungerechtigkeit abzufinden“, sondern, „den Teufelskreis des Konflikts zu durchbrechen, der sich endlos zu wiederholen droht und den niemand mehr zu beherrschen scheint“.

Franziskus appellierte wiederum in seiner Friedensbotschaft: „Der Realismus genügt nicht, die politischen Abwägungen genügen nicht, die bisherigen strategischen Aspekte genügen nicht, wir brauchen mehr, denn der Krieg dauert an. Wir brauchen die Kühnheit des Friedens!“

Die Gläubigen seien aufgefordert, „die Mauer des Unmöglichen zu überschreiten, die aus scheinbar unwiderlegbaren Argumenten und aus der Erinnerung an so viele Schmerzen und so große erlittene Verletzungen errichtet wurde. Es ist schwer, aber es ist nicht unmöglich“, so der Papst in seiner Botschaft an die Teilnehmer.

Er betonte, dies gelte auch für die Politiker, die Verantwortlichen und die Diplomaten. „Bitten wir darum, dass sich Wege des Friedens öffnen, vor allem für die geliebte, gequälte Ukraine!“ Das Friedenstreffen der Gemeinschaft geht auf das Weltfriedensgebet von Papst Johannes Paul II. 1986 in Assisi zurück, wozu er Religionsführer aus aller Welt eingeladen hatte.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Morgen die Unterstützung der Ukraine bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung als politisch und strategisch erforderlich sowie friedensethisch geboten bezeichnet. Dabei dämpfte er die Erwartungen auf eine rasche Lösung des Konflikts. Der Kanzler warnte vor „Scheinlösungen“, die Frieden lediglich im Namen trügen. „Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung, und Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat“, sagte er. Deshalb stehe die Bundesregierung voll und ganz hinter den Forderungen der Ukraine nach einem gerechten Frieden. Das nächste Treffen soll im September 2024 in Paris stattfinden.

Quelle: KNA

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Berlin (KNA) Noch vor einer Reform seines Neutralitätsgesetzes öffnet das Land Berlin den Schuldienst für Kopftuch tragende Lehrerinnen. Es seien bereits Lehrkräfte mit religiös geprägten Kleidungsstücken eingestellt worden, teilte die Senatsbildungsverwaltung nach einer Anfrage aus dem Abgeordnetenhaus mit. In der am Dienstag veröffentlichten Antwort heißt es weiter, Einstellungsangebote hätten auch Lehrkräfte erhalten, die wegen religiös geprägter Kleidung bislang nicht eingestellt wurden und vor Gericht dagegen klagten. Dies war in den vergangenen Jahren bei mehreren Bewerberinnen mit muslimisch motiviertem Kopftuch der Fall.

Damit setzt das Land Berlin den Entschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Jahresbeginn um, die Verfassungsbeschwerde des Landes gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Karlsruher Richter bestätigten damit die Einschätzung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, dass das Neutralitätsgesetz wegen seiner Einschränkung der Religionsfreiheit grundgesetzwidrig sei. Ein Kopftuchverbot wäre demnach nur zulässig, wenn andernfalls der Schulfriede oder die staatliche Neutralität konkret gefährdet sei. Solche Verbote sind der Senatsbildungsverwaltung nach eigener Aussage in Berlin nicht bekannt.

Das seit 2005 geltende Berliner Neutralitätsgesetz war bislang die in Deutschland weitestgehende Regelung. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates untersagte es bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung.

Nach der Weichenstellung des Bundesverfassungsgerichts ist seit vergangenem März eine Arbeitsgruppe verschiedener Berliner Senatsverwaltungen dabei, einen Vorschlag auszuarbeiten, wie das Neutralitätsgesetz an die Rechtsprechung angepasst werden kann. Sie will die Empfehlung noch in der laufenden Wahlperiode dem Senat vorlegen.

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Eigentlich sollten Juden, Christen und Muslime schon längst im Berliner „House of One“ unter einen Dach beten. Doch viele Probleme haben den Bau gebremst. Die Bauherren bleiben trotzdem zuversichtlich. Von Gregor Krumpholz (KNA)

Berlin (KNA) Über zehn Jahre Planungen und noch immer ragen keine Mauern in die Höhe: Wo andere Bauherren verzweifeln würden, geben sich die Träger des Berliner Projekts „House of One“ optimistisch. „Es ist keine verlorene, es ist eine geschenkte Zeit“, versichert Pfarrer Gregor Hohberg trotz der Verzögerungen etwa wegen archäologischer Ausgrabungen und Umweltschutzauflagen. „So können wir einander immer besser kennenlernen und immer mehr vertrauen“, erklärt der Geistliche von Sankt Petri-Sankt Marien.

Aus der evangelischen Innenstadtgemeinde, der Jüdischen Gemeinde zu Berlin mit der Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg sowie dem muslimischen Verein Forum Dialog kam die Initiative zu dem weltweit beachteten Vorhaben. Es soll ein Bet- und Lehrhaus für Juden, Christen und Muslime werden. Sie können dort in getrennten Sakralräumen nach ihren Traditionen Gottesdienst feiern und in einem zentralen Saal – auch mit nichtreligiösen Besucherinnen und Besuchern – zusammentreffen. Der Name „House of One“ („Haus des Einen“) bezieht sich auf den Glauben der beteiligten Religionen an einen Gott.

Wie der Sakralbau aussehen wird, ist seit einem Jahrzehnt klar. Bei einem Architektenwettbewerb erhielt das Berliner Büro Kuehn Malvezzi den Zuschlag. Danach wird er aus hellen Ziegeln in kubischen Formen errichtet – mit einem 42 Meter hohen Turm, der die umliegenden Gebäude rund 20 Meter überragt. Darin folgt das „House of One“ der Tradition der kriegszerstörten Petrikirche, auf deren Fundamenten es entsteht.

Weniger auffällig ist der Informationscontainer mit Aussichtsterrasse, den Hohberg zusammen mit Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci am Mittwoch beim Bauplatz mit Segensgebeten ihrer Religionen einweihten – zwei Jahre nach der Grundsteinlegung des Projekts. Die „House of OneBox“ soll in den kommenden Jahren eine Anlaufstelle werden, in und auf der man sich über den Baufortschritt informieren kann.

Dort will das House-of-One-Team auch einen Teil seines Bildungsprogramms anbieten, wie Esther Hirsch, die Theologische Referentin der Trägerstiftung, ankündigte. Seit 2014 wirbt das Team in zahlreichen Veranstaltungen nicht nur für das Bauprojekt. Mit Bildungs- und Präventionsangeboten tritt es etwa vor Schulklassen oder Polizistinnen und Polizisten für religiöse Toleranz sowie gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ein, überdies in einem interreligiösen Podcast „331 – drei Frauen, drei Religionen, ein Thema“. Auch liegt der Stiftung die Vernetzung mit vergleichbaren Projekten etwa in der Zentralafrikanischen Republik, in Georgien und Israel am Herzen.

Stefanie Remlinger (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, zollte diesem Engagement großes Lob. Das Zusammenleben von Menschen aus über 100 Nationen in Berlin mit vielen verschiedenen Kulturen und Religionen sei nicht selbstverständlich, weil es wenig Wissen voneinander gebe, erklärte die Politikerin. Sie versprach, dass der Bezirk Mitte seine Kooperation mit dem „House of One“ auch vertraglich festschreiben wolle.

Auf Unterstützung ist das Projekt mehr denn je angewiesen. Derzeit veranschlagt die Trägerstiftung 69,5 Millionen Euro an Baukosten, wie deren Leiter Roland Stolte angab. Das sind über 22 Millionen Euro mehr als noch vor drei Jahren. Als Grund nannte er stark gestiegene Lohn- und Materialkosten. Bislang hat der Bund 28,7 Millionen Euro und das Land Berlin 16,9 Millionen Euro bereitgestellt. Als private Spenden verzeichnet die Stiftung 4,85 Millionen Euro und als Eigenmittel 2,7 Millionen Euro.

Bei der weiterhin laufenden Spendenkampagne kann man für zehn Euro einen Ziegelstein finanzieren und so selbst an dem ambitionierten Projekt mitbauen. Dem langen Weg bis zur Eröffnung des Bet- und Lehrhauses kann auch Stolte positive Seiten abgewinnen: „So werden immer mehr Menschen einbezogen, und das Projekt zieht immer weitere Kreise“, gibt er sich zuversichtlich.

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