Experte: Solidarität ermutigt die protestierenden Frauen in Iran

Mainz (KNA) Der Mainzer Iran-Experte Behrouz Asadi wünscht sich konkrete Unterstützung und Solidarität der deutschen Bevölkerung für die protestierenden Frauen und Männer in Iran. „Es braucht auch in Deutschland große Proteste gegen die Vorgehensweise des iranischen Regimes, das brutal gegen die Demonstrierenden vorgeht und jeden Ruf nach Demokratie im Keim ersticken will“, sagte der Leiter des Migrationsbüros Rheinland-Pfalz/Hessen am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Asadi betonte: „Ich bin fest überzeugt, dass ein Ende des iranischen Regimes begonnen hat.“ Täglich gingen in Iran Menschen auf die Straße, insbesondere Frauen und vor allem Studentinnen und Schülerinnen. „Die Zukunft des Landes lehnt sich gegen die Islamische Republik auf. Und die Frauen nehmen ihr Schicksal nicht mehr hin“, sagte Asadi, der selbst Exiliraner ist und seit der Revolution 1979 nicht mehr in sein Heimatland reisen kann.

Politikerinnen und Aktivistinnen in Europa, die sich öffentlich die Haare abschneiden, setzten ein wichtiges und ermutigendes Zeichen der Solidarität mit Frauen in Iran, so Asadi. Er forderte die deutsche Politik zu schnellem und konsequentem Handeln gegen das iranische Regime auf. Die Bundesregierung solle sich für die Freilassung festgenommener Demonstranten einsetzen und dürfe niemanden nach Iran abschieben.

In Iran gehen seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September Frauen und Männer auf die Straße und demonstrieren für Freiheit und gegen das repressive Regime.

Interview:

Experte zu Demonstrationen in Iran und Hilfe aus Deutschland

Behrouz Asadi: „Ein Ende des iranischen Regimes hat begonnen“

Von Anna Fries (KNA)

Mainz (KNA) In Iran gehen seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September Frauen und Männer auf die Straße. Sie demonstrieren für Freiheit und gegen das repressive Regime. Auch in Deutschland können Menschen etwas für die Protestierenden in Iran tun, sagt der Leiter des Malteser Migrationsbüros Rheinland-Pfalz und Hessen, Behrouz Asadi. Er ist selbst Exiliraner und setzt sich dafür ein, dass keine Menschen nach Iran abgeschoben werden. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) berichtet er, was ihm Hoffnung auf einen Wandel gibt.

KNA: Herr Asadi, haben Sie aktuell Kontakt nach Iran? Das Internet wird ja vom Staat kontrolliert und eingeschränkt.

Behrouz Asadi: Wir halten permanent Kontakt ins Land. Es ist unsere Aufgabe, diese Kontakte zu pflegen und den politischen Kampf der Menschen dort auf der Straße hier in Deutschland widerzuspiegeln. Das Internet wurde zwar gekappt, aber wir können immer noch telefonieren. Und sobald unsere Kontakte in Iran ein Schlupfloch finden, schicken sie uns über das Internet Bilder, Videos und Berichte aus dem Land, Beweismaterial für das, was dort passiert. Die Bilder kommen hier teilweise mit Verzögerungen von bis zu 24 Stunden an, aber es funktioniert, wenn auch schleppend.

KNA: Was unterscheidet die aktuellen Proteste von vergangenen? Machen Ihnen die Entwicklungen Mut?

Asadi: Ich bin fest überzeugt, dass ein Ende des iranischen Regimes begonnen hat. Im ganzen Land gehen Menschen auf die Straße, täglich. Ganz vorne dabei sind die Frauen, vor allem Studentinnen und Schülerinnen. Sie rufen „Frauen, Leben, Freiheit“. Das sind die drei Worte der Proteste, die Bedeutung haben. Die Zukunft des Landes lehnt sich gegen die Islamische Republik auf. Und die Frauen nehmen ihr Schicksal nicht mehr hin. Viele junge Mädchen gehen auf die Straße, manche sind 14 Jahre alt. Sie lassen sich nicht einschüchtern, stehen vor den Sicherheitskräften und sagen: Bitte erschießt uns nicht. Manche von ihnen haben ihren Mut mit ihrem Leben bezahlt. Auch die Welt schaut mehr hin, Fußballer, Sänger, Nicht-Iraner solidarisieren sich. Deshalb ist dieser Protest nicht mit vorherigen Protestaktionen vergleichbar.

KNA: Was kann man hier in Deutschland tun, um die Menschen in Iran zu unterstützen?

Asadi: Ganz konkret kann sich die Bevölkerung hier mit Iranern solidarisieren. Es braucht auch in Deutschland große Proteste gegen die Vorgehensweise des iranischen Regimes, das brutal gegen die Demonstrierenden vorgeht und jeden Ruf nach Demokratie im Keim ersticken will. Dann kann man die deutschen Politiker zum Handeln auffordern. Die bisherige Politik hat dem iranischen Volk geschadet und dem Regime genutzt. Das muss enden.

KNA: In einem offenen Brief fordern Sie von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Unterstützung. Was braucht es Ihrer Meinung nach?

Asadi: Worten der Politiker müssen Taten folgen und das iranische Regime muss geächtet werden, beispielsweise, indem Deutschland Diplomaten aus Iran abzieht und iranische Diplomaten ausweist. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die Menschen, die während der Proteste festgenommen wurden, freigelassen werden. Es darf niemand nach Iran abgeschoben werden. Und die Weltgemeinschaft muss dafür sorgen, dass die Iraner wieder uneingeschränkt Zugang zum Internet haben.

KNA: Bringt es etwas, wenn sich in Europa Politikerinnen öffentlich die Haare abschneiden?

Asadi: Ja, das ist wichtig, weil es Solidarität und Traurigkeit zeigt. Dieses symbolische Handeln ermutigt die Frauen in Iran, die aus Protest ihre Haare abschneiden, weil sie frei leben wollen.

KNA: Können Sie selbst noch nach Iran reisen? Für Exiliraner ist das ja nicht ungefährlich.

Asadi: Seit der Revolution 1979 kann ich nicht mehr in den Iran. Das ist mehr als 40 Jahre her und ich hoeff, dass ich nach einem Sturz des Regimes mit Würde meine Heimat besuchen kann.

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