Dubai (KNA) In Dubai ist erstmals eine Arbeitsgruppe zur Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs und zur Bekämpfung von religiöser Intoleranz und Hass zusammengetroffen. Die trilaterale Gruppe aus Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Israel und den USA will Initiativen in Bereichen wie Bildung, Jugendprogramme und religiöser Koexistenz unterstützen, teilte das Büro des israelischen Geheimdienstministers Elazar Stern am Dienstag mit.

Die neue Arbeitsgruppe ist demnach Ergebnis der sogenannten „Abraham-Abkommen“ zwischen Israel und den VAE von September 2020. Eine Ausweitung auf andere Unterzeichner der Verträge sowie auf weitere Länder sei geplant.

Die Abraham-Abkommen seien zur wichtigsten Kraft für einen positiven Wandel im Nahen Osten geworden, hieß es. Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssten „lange gehegtes Misstrauen, Missverständnisse und falsche Vorstellungen übereinander“ abgebaut und neue Brücken zwischen Menschen, Religionen, Kulturen und Nationalitäten gefunden werden, sagte der emiratische Gesundheitsminister, Abdul Rahman Al-Owais, laut Mitteilung.

Stern erklärte, Toleranz und Koexistenz seien der Weg „zu einer gemeinsamen Menschlichkeit und zum Frieden.“ Ausgehend von den Abkommen sei es die Pficht, „den Kreis des Friedens regional und weltweit durch diese Treffen der abrahamitischen Religionen zu erweitern, um eine klare Botschaft der Versöhnung, der Akzeptanz und der Einbeziehung zu senden“.

Die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam werden auch als Abrahamitische Religionen bezeichnet, weil sie sich alle auf den Stammvater Abraham aus dem Alten Testament berufen.

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Köln (KNA) Beim Jahresempfang der Deutschen Bischofskonferenz für die Partner im christlich-islamischen Dialog haben Katholiken und Muslime ihre gegenseitige Verbundenheit betont. „Es ist von unschätzbarem Wert, wenn Christen und Muslime einander als Geschwister begegnen“, betonte der Augsburger Bischof Bertram Meier am Freitagabend in Köln. Meier ist Vorsitzender der Unterkommission für den Interreligiösen Dialog der Bischofskonferenz.

Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM), Abdassamad El Yazidi. Der Empfang fand zum dritten Mal statt. Wie bereits in den Vorjahren stand er im Kontext des Hochfestes Mariä Verkündigung, das die Kirche neun Monate vor Weihnachten, dem Fest von Jesu Geburt, feiert.

„Die Mutter Jesu ist eine Figur des Friedens und des Zusammenhalts. Sie spendet Gläubigen der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften Trost und Hoffnung – in einem Umfeld, in dem beides dringend gebraucht wird“, sagte Bischof Meier. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg erinnerte er an die religionsübergreifende Friedensverantwortung: „Der heutige Empfang findet in einer Zeit statt, in der das Grauen des Ukraine-Krieges niemanden kalt lässt, unabhängig von Religion und Weltanschauung. Mit unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die unter Krieg und Vertreibung leiden.

KRM-Sprecher El Yazidi ergänzte: „Nach Maria wurde eine ganze Sure im Koran benannt. Sie ist ein Symbol der Verbundenheit und des Respekts zwischen Christen und Muslimen.“ Den Schwerpunkt des Empfangs bildete ein Gespräch zwischen dem Bonner katholischen Theologen Klaus von Stosch und der Paderborner muslimischen Theologin Muna Tatari zum Marienbild im Christentum und im Islam. Stosch und Tatari veröffentlichten im vergangenen Jahr das Buch „Prophetin – Jungfrau – Mutter. Maria im Koran.“

Kurz vor dem Empfang hatte Papst Franziskus im Rahmen einer Bußfeier in Rom Russland und die Ukraine dem
Unbefeckten Herzen Mariens geweiht. Die Weihe an die Gottesmutter ist eine Frömmigkeitsform der katholischen Kirche.
Bei einer solchen Marienweihe wird die Gottesmutter gebeten, die Menschen oder ganze Länder unter ihren mütterlichen Schutz zu nehmen und sie vor Gefahren und Versuchungen zum Bösen zu bewahren.

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Berlin (KNA) Bei „antimuslimischem Rassismus“ gibt es in Berlin nach Einschätzung des „Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit“ weiterhin „eine gefährliche Entwicklung“. Zwar seien der Dokumentationsstelle des Netzwerks im vergangenen Jahr 206 Vorfälle und damit rund zehn Prozent weniger als 2020 gemeldet worden, teilte der Inssan-Trägerverein am Donnerstag mit. Wegen der Corona-Pandemie habe die Anlauf- und Beratungsstelle aber nur eingeschränkt arbeiten können. Im Vergleich mit 2016 sei die Zahl der gemeldeten Vorfälle um 80 Prozent gestiegen.
Überdies hätten Berliner Registerstellen wie die Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt weitere 174
Vorfälle verzeichnet, so dass im vergangenen Jahr insgesamt 380 Fälle von antimuslimischem Rassismus erfasst worden
seien. Sie hätten sich etwa auf der Straße, im Gesundheitswesen oder in Bildungseinrichtungen ereignet.

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Kairo/Beirut (KNA) Mit einem Treffen mit dem Großimam der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Scheich Mohammad Al-Tayyeb, hat der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai am Montag seinen bis Mittwoch dauernden Ägypten-Besuch fortgesetzt. Der libanesische Kirchenführer würdigte dort „die gemeinsamen Bemühungen des Großimams und von Papst Franziskus, die Werte universellen Friedens zu verbreiten“, berichteten örtliche Medien und das Patriarchat (Montagabend).

Konkret lobte Rai die „konkreten Fortschritte im Dialog zwischen al-Azhar und dem Vatikan“, die unter anderem zur Unterzeichnung des „Dokuments über die menschliche Brüderlichkeit“ geführt hätten. Angesichts des Kriegswahnsinns sei es besonders notwendig, sich auf die Werte menschlicher Brüderlichkeit zu besinnen. Rai lud den Großimam zu einem Besuch im Libanon ein.

Auch Al-Tayyeb betonte laut Berichten bei dem Treffen, dass die Welt diese Brüderlichkeit mehr denn je brauche, um die Auswirkungen von Gewalt und Krieg zu mildern und den verletzlichen Menschen die Hand zu reichen. „Brüderlichkeit unser einziger Weg ist, um den Lauf der Ereignisse zu beeinflussen und zu retten, was wir retten können“, so der islamische Geistliche. Gleichzeitig sprach er dem libanesischen Volk seine Solidarität aus und äußerte die Hoffnung, dass „dieses Bruderland die Schwierigkeiten so schnell wie möglich überwinden“ möge.

Anschließend traf Patriarch Rai mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga zusammen, Ahmad Abul Ghait. Es sei wichtig, dass der Libanon ein aktives Mitglied der Arabischen Liga sei. Rai betonte, dass er keinen Libanon wolle, der von irgendjemandem abhängig sei, sondern „ein Land, das unterstützt und hilft, eine Rolle spielt und seine Aufgabe erfüllt“.Gleichzeitig stecke dieses Land derzeit in Schwierigkeiten und wende sich daher an Freunde, um es bei der Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen sowie bei der Wahrung seiner arabischen Identität zu unterstützen.

Im Rahmen seines Besuchs hatte Rai zuvor auch Ägyptens Präsidenten Abdel Fatah al-Sisi sowie den koptischen Papst Tawadros II. getroffen. Bei den Treffen ging es laut Patriarchatsangaben unter anderem um die historisch engen Beziehungen zwischen dem Libanon und Ägypten sowie die gemeinsame Geschichte beider Länder.

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Terroranschläge und Geld für Moscheen verändern den Norden.

Die Gewalt aus Burkina Faso und Niger schwappt zunehmend nach Benin über. Priester wie Imame achten daher besonders auf Entwicklungen, die das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen beeinträchtigen könnten.

Von Katrin Gänsler (KNA)

Cotonou (KNA) Priester Denis Kocou muss nur wenige Minuten zu Fuß gehen, wenn er Ibrahim Guerra treffen möchte. Das Haus des Imams liegt direkt hinter der katholischen Marienkirche in Gogounou, einer Stadt im Norden Benins, die zur Diözese Kandi gehört. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung sind Muslime. Die beiden Männer besuchen sich gegenseitig an christlichen und muslimischen Feiertagen, sprechen über
das, was gerade in der Stadt passiert, und haben ein gemeinsames Ziel: Das Zusammenleben soll friedlich bleiben. „Das funktioniert bisher gut“, betont der Priester, der seit 2006 hier arbeitet. Kleine Missverständnisse seien selten.

Das sagt auch drei Autostunden weiter südlich in der Stadt Parakou Pascal N’Koue im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er ist Erzbischof der gleichnamigen Erzdiözese. „Wir leben gut zusammen und verstehen uns.“ Besondere Projekte, die in anderen Ländern gezielt Christen und Muslime zusammenbringen, hält er für nicht notwendig. Man habe den Alltag stets gemeinsam gestaltet.

Tatsächlich ist Benin mit seinen 13 Millionen Einwohnern für religiöse Toleranz bekannt. Im Süden wird neben Christentum und Islam noch Voodoo praktiziert. Die alte Religion, zu der sich offziell rund 6 Prozent der Bevölkerung bekennen, hat mit dem 10. Januar sogar einen eigenen Feiertag. Trotzdem verändert sich gerade im Norden einiges. Grund dafür sind die Entwicklungen in den Nachbarländern Burkina Faso und Niger, wo Terrorgruppen, die Al-Kaida und dem „Islamischen Staat“ nahe stehen, regelmäßig Anschläge verüben. Lange wurde gehofft, dass sich die Gewalt nicht auf die Küstenstaaten ausbreitet.

Doch seit Ende November verzeichnete Benin gleich drei Anschläge; in Porga, Banikoara und zuletzt im Februar im Nationalpark W, der sich auch auf die Länder Burkina Faso und Niger erstreckt, aber für Besucher geschlossen ist. Acht Menschen starben nach Informationen des Unternehmens „African Parks“, das die Parks W und Pendjari im Nordwesten betreibt. Wer dafür verantwortlich ist, lässt sich nicht
immer sagen. Es gibt auch Spekulationen, dass bewaffnete Gruppierungen Misstrauen säten, um leichter Waren durch die Region schmuggeln zu können.

Im Norden sorgt das zunehmend für Angst. „Ich erlebe den Islam als tolerant. Doch es gibt Extremisten, wie wir in den Nachbarländern beobachten“, sagt Denis Kocou. Der Priester beobachtet auch, dass Prediger aus dem Ausland kämen und eine „andere Version des Islam“ einführen wollen. Das sorge für Spannungen unter den Muslimen. Kleine Meinungsverschiedenheiten, ob etwa das Mittagsgebet um 13.00 oder
um 14.00 Uhr gesprochen wird, würden zu Grundsatzdebatten. Oft stammen solche Ideen aus den Golfstaaten. Kontakte nach Saudi-Arabien haben in den vergangenen Jahrzehnten etwa das Wahhabitentum nach Westafrika gebracht. In Benin spielt es bislang noch keine Rolle.

Zwischen Parakou und Kandi, aber auch entlang der Straße nach Natitingou ist vor allem Kuwait allgegenwärtig. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Moscheen entstanden, häufg in Verbindung mit Brunnen. Erzbischof N’Koue: „Moscheen entstehen überall, aber keine Kirchen.“ Traditionell ist der Norden muslimisch geprägt, während sich das Christentum ab 1861 von der Küste ins Landesinnere ausbreitete.

Viele Muslime freut das Engagement der Golfstaaten. Häufg wird betont, es handele sich um private Spenden, die auf die Almosengabe Zakat zurückgehen. Der junge Zoulkaneri Assouma jedenfalls ist so begeistert von der Präsenz, dass er am liebsten selbst in Saudi-Arabien studieren würde. „Dort kommt der Islam her. Ich möchte dort unbedingt studieren und suche nach einem Stipendium“, sagt er. Der Kontakt ist aber noch aus einem anderen Grund eng: wegen der Pilgerfahrt nach Mekka. Auch einen regen politischen Austausch gibt es. Zuletzt empfing Präsident Patrice Talon Anfang März einen Vertreter des saudischen Königs in Cotonou.

In Gogounou kommt Imam Ibrahim Guerra gerade vom Mittagsgebet. Er gehört zu jenen, die die Entwicklung kritisch sehen. „Wir würden gern wissen, wer genau dahinter steckt. Es geht um enorme Summen.“ Er befürchtet, dass der Trend zu einer weiteren Destabilisierung der islamischen Gesellschaft führen könnte, und sagt: „Die Menschen, die das gut fnden, lieben Geld doch viel mehr als Allah.“

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Luxemburg/Potsdam (KNA) Zu einem Austausch über das Miteinander von Staat und Religion und über die Rolle von Religionen in gesellschaftspolitischen Debatten kommen 75 internationale Studierende in Luxemburg zusammen. An dem Treffen vom 23. bis 27. März nehmen jüdische, muslimische, christliche, buddhistische, alevitische, sikh und konfessionslose Studierende aus weltweit 21 Ländern teil, wie die Veranstalter am Mittwoch mitteilten. Organisiert wird es von der Leo Baeck Stiftung mit Sitz in Potsdam und der „Luxembourg School of Religion and Society“.

Programm-Leiter Jo Frank sagte, die Veranstaltung wolle junge Menschen unterschiedlicher Identitäten unterstützen, den Herausforderungen einer zunehmend durch Abgrenzungskämpfe und Polarisierung geprägten europäischen Gesellschaft zu begegnen. Geplant seien beispielsweise Workshops und Gespräche mit politischen Akteuren sowie Vertretern religiöser Institutionen. Außerdem ein ökumenischer christlicher Gottesdienst, ein Freitagsgebet, ein Shabbat-Gottesdienst und religiös-weltanschauliche Morgenimpulse.

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Jakarta (KNA) Die Annullierung einer Ehe zwischen einem Katholiken einer Muslimin durch die höchste theologische Instanz des Islam in Indonesien hat Empörung in dem mehrheitlich islamischen Land ausgelöst. Das namentlich nicht bekannte Paar hatte im März in einer katholischen Kirche in Semarang in Zentraljava geheiratet. Wenige Tage später erklärte der Rat der Islamgelehrten (MUI) die Ehe für ungültig.

Pater Antonius Benny Susetyo, Mitglied der Kommission von Präsident Joko Widodo zur Förderung der religiösen Toleranz, sagte am Dienstag dem asiatischen Pressedienst Ucanews, jeder habe das Recht, den Ehepartner frei zu wählen. „Das ist eine Entscheidung, die wir alle respektieren sollten“, betonte er.

Der Sprecher der „Indonesischen Konferenz für Religion und Frieden“, Ahmad Nurcholish, sagte laut Ucanews, MUI habe nicht das Recht zur Annullierung gehabt. „Mischehen sind das Recht aller erwachsenen Bürger, und das sollte respektiert werden“, so der Muslim. Er habe rund 30 Mischehen ermöglicht, ohne jemals Schwierigkeiten bekommen zu haben.

Bonar Tigor Naipospos vom Setara Institute for Democracy and Peace in Jakarta warf dem MUI Intoleranz vor. „Das ist doch das, was wir vermeiden wollen. Interkonfessionelle Paare sind sich der religiösen Unterschiede bewusst und respektieren sich gegenseitig“, sagte Bonar laut Ucanews.

Bonar und Nurcholish forderten eine Reform der nicht eindeutigen Gesetzeslage über interkonfessionelle Ehen. Nach geltendem Recht sollen Paare einer Religion angehören. Jedoch sieht eine weitere Regelung vor, dass interkonfessionelle Ehen möglich und gültig sind, wenn sie gemäß der Religionen beider Partner geschlossen wurden.

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„Disputationen mit Siegern und Verlierern braucht niemand“

Es gibt den jüdisch-muslimischen und den jüdisch-islamischen Dialog. Über Unterschied und Inhalt informiert jetzt ein neues, spannendes Buch. Und nicht zuletzt geht es um die Frage, wer eigentlich mit wem über was redet.

Von Leticia Witte (KNA)

Bonn (KNA) Von einem Massenphänomen kann keine Rede sein – vielmehr wird der jüdisch-muslimische Dialog in überschaubaren Kreisen geführt. Das schreibt Rabbinerin Elisa Klapheck gleich zu Beginn des neuen Buches „Judentum. Islam. Ein neues Dialogszenario“ aus dem Verlag Hentrich & Hentrich. Der schmale Band macht Lust, sich mit der Matetrie eingehender oder überhaupt erst einmal zu beschäftigen. Und man wünscht dem Dialog, endlich die überschaubaren Kreise zu verlassen.

Denn es ist Klapheck zuzustimmen, wenn sie deutlich macht, was er letztlich bringen kann: „Disputationen mit Siegern und Verlierern, mit Rechthabern und Gescheiterten braucht heute niemand. Aber Diskurse, die in die spannenden Fragen zur Bedeutung der eigenen und der anderen Religion führen, könnten uns in einer multireligiösen Welt durchaus weiterbringen. „Allerdings müssen die Beteiligten auch einige Klippen umschiffen.

Da ist etwa der Nahostkonfikt. Denn die Juden und Muslime, die sich weder von ihm noch von „Kräften des radikalen Islam“ eine „künstliche Feindschaft“ aufzwingen ließen, verspürten oft eine „intuitive Nähe“, schreibt die Frankfurter liberale Rabbinerin, die auch Professorin für Jüdische Studien am Zentrum für Komparative Theologie in Paderborn ist. „Man versteht sich.“

Etwa wegen der Erfahrung als Minderheit und von Diskriminierung auf beiden Seiten. Auf dem religiösen Feld gebe es mit Speiseregeln, einem Bilderverbot oder historisch gesehen auch im Rechtsverständnis Überschneidungen. Juden und Muslime hätten durch das einstige Zusammenleben im Arabischen Reich ein gemeinsame Geistesgeschichte.

Idealisieren möchte die Rabbinerin das Verhältnis jedoch nicht: Zwar habe es die Pogrome und Vertreibungen des christlichen Mittelalters in der islamischen Welt so nicht gegeben. Aber: „Die Vertreibung der Juden aus den meisten Staaten mit islamischen Mehrheitsbevölkerung nach der Staatsgründung Israels 1948 beweist den prekären Status, in dem Jüdinnen und Juden auch in der arabischen Welt lebten.“

Das Buch streift bestehende Projekte wie „Schalom Aleikum“ sowie den christlich-jüdischen Dialog und nimmt den jüdisch-islamischen Dialog in den Blick: „Wie spricht man über die Tradition der Anderen, ohne zu brüskieren – gerade, wenn die Tradition der Anderen auch negative Aussagen über die eigene Tradition enthält“, fragt Klapheck. Denn der Koran transportiere Aussagen über Juden, die einen solchen
Dialog ohne kritische Refexion belasten könnten.

Unter anderem darauf geht der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik ein, blickt in Koransuren, in philosophische und historische Betrachtungen. Er beschäftigt sich mit Al-Andalus: „Tatsächlich ließ die komplexe Konstellation im muslimisch-christlich-jüdischen Spanien eine noch heute bedeutende jüdische Religionsphilosophie entstehen, die sich sehr genau mit den Wahrheitsansprüchen der drei Religionen
auseinandersetzte.“

Brumlik verweist zugleich auf andere Denktraditionen; man müsse also nicht immer jenes „goldene Zeitalter“ in Spanien beschwören, um sich zu verdeutlichen, dass Judentum und Islam einander nicht systematisch ausschlössen. Sein Fazit: Juden und Muslime sollten sich gegen den von Fundamentalisten auf beiden Seiten geschürten Hass wenden und stärker auf im Glauben begründete Gemeinsamkeiten setzen
– und den Dialog zwischen Islam und Judentum institutionalisieren, ähnlich wie in den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Die Dritte im Bunde ist die am Dartmouth College lehrende Susannah Heschel, die Modalitäten des Dialogs unter die Lupe nimmt. Sie stellt fest, dass oft männliche Geistliche „mit der Stimme von Autorität und Orthodoxie“ sprächen. Jedoch seien die Stimmen derer, „die ihre eigenen religiösen Traditionen in Frage stellen und bereit sind, substanzielle theologische Veränderungen zu bewirken“, oft die interessantesten.

Heschel plädiert unter anderem dafür, künftig den Dialog von Liberalen und Konservativen zu fördern sowie auch die feministische Religionskritik in den Blick zu nehmen. Insgesamt unterstreicht sie, dass die Beziehungen von Muslimen und Juden über die Jahrhunderte vom jeweiligen kulturellen und politischen Umfeld bestimmt worden seien – und nicht von einzelnen Koranversen.

Service
Elisa Klapheck, Micha Brumlik, Susannah Heschel: Judentum. Islam. Ein neues Dialogszenario, Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig, 80 S., 9,90 Euro, ISBN: 978-3-95565-506-8

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Berlin (KNA) Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), hat sich für einen raschen Aufbau von Betreuungsangeboten für Muslime in der Bundeswehr ausgesprochen. Im ihrem am Dienstag in Berlin vorgestellten Jahresbericht 2021 begrüßte sie Pläne des Verteidigungsministeriums, dies auf einzelvertraglicher Grundlage zu schaffen. Aufgrund der Strukturen der Muslime stehe absehbar kein zentraler Ansprechpartner zu Verfügung, der auf staatsvertraglicher Grundlage die Aufsicht über eine muslimische Militärseelsorge führen könne. Laut Bericht leisten derzeit rund 3.000 Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens ihren Dienst bei der Bundeswehr.

Gleichzeitig betonte der Jahresbericht, dass von der Einführung der jüdischen Militärseelsorge „auch ein Schub für die islamische Militärseelsorge“ zu erhoffen sei. Er erinnerte an die Ernennung von Zsolt Balla am 21. Juni zum ersten Militärrabbiner der Bundeswehr als „historisches Ereignis“.

Ausdrücklich betonte der Bericht, dass sich der Lebenskundliche Unterricht (LKU) durch Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorgern „in jeder Hinsicht bewährt“ habe. Sie ständen außerhalb der militärischen Hierarchie, ermöglichten aber „mit ihrer menschlichen und geistigen Kompetenz innerhalb der Truppe den vertrauensvollen Gedankenaustausch und das selbstbestimmte Lernen“. Auch im Sinne von Prävention sei es wesentlich „ausreichend viel zu investieren in die Stärkung der ethischen und moralischen Grundlagen, in Charakterfestigkeit und mentale Stärke“.

Der LKU sei für die Soldatinnen und Soldaten die wesentliche Grundlage, „um ethische Kompetenz für den Soldatenberuf zu entwickeln, und seit 2010 gut geübte Praxis“, konstatiert der Bericht. Einen wichtigen Beitrag leiste dabei das Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis) in Hamburg.

Grundsätzlich bescheinigte Högl der Militärseelsorge „einen unverzichtbaren, wichtigen Beitrag für die Truppe“. Besonders bewährt habe er sich beim Einsatz in Afghanistan, der „für die meisten Soldatinnen und Soldaten eine große Belastung“ gewesen sei. Nicht zuletzt am Stützpunkt der Evakuierungsoperation in Taschkent in Usbekistan habe die Militärseelsorge geholfen, das in Kabul Erlebte und die schrecklichen Erfahrungen zu verarbeiten. Ebenso seien Gespräche oft wichtig, um nach der Rückkehr den Weg zurück in die Normalität des Alltags zu fnden.

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Tübingen (KNA) Tübinger Wissenschaftler fordern mehr Zusammenarbeit zwischen Juden, Christen und Muslimen im schulischen Religionsunterricht. Es gehe darum, Gemeinsamkeiten zwischen den drei monotheistischen Religionen bewusst zu machen und gleichzeitig den Unterschieden gerecht zu werden.

Die Trägerschaft des Unterrichtsfaches durch die jeweilige Religion oder Konfession wollen die Forscher unangetastet lassen. Ziel sei mehr Austausch, aber keine „allgemeine Religionskunde“, weil diese den Schülern keine Beheimatung bieten könne, erklärte der katholische Tübinger Religionspädagoge Reinhold Boschki.

Er veranstaltete mit seinem evangelischen Kollegen Friedrich Schweitzer und der muslimischen Religionspädagogin Fathimah Ulfat die Tagung „Von der konfessionellen zur interreligiösen Kooperation im Religionsunterricht“. Dabei ging es um rechtliche, pädagogische und theologische Fragen, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben. Intensiviert werden soll künftig wieder die Kooperation mit der Heidelberger Hochschule für jüdische Studien (HfjS), wo der Lehrstuhl für Religionspädagogik aktuell unbesetzt ist.

Für die Wissenschaftler steht fest, dass die Veränderungen der Gesellschaft auch in der Schule Neuerungen notwendig machen, um einen zukunftsfähigen Religionsunterricht zu schaffen. In einem nach Angaben seiner Initiatoren bundesweit einmaligen Forschungsverbund geht es darum, die interreligiöse Arbeit in allen religionspädagogischen Praxisfeldern qualitativ weiterzuentwickeln. Dabei sehen die Forscher drei Arbeitsfelder: Der Bereich Wissenschaft soll Kooperationen innerhalb und außerhalb der Schule entwickeln und begleiten. Der Bereich Praxis will die interreligiöse Ausbildung für den Unterricht und die Kooperation mit den Schulen verbinden. Der Bereich Öffentlichkeit soll das Thema durch Veranstaltungen stärker präsent machen.

An der Tagung am Dienstag und Mittwoch nahmen rund 200 Personen aus dem deutschsprachigen Raum teil. Diese Zahl zeige, dass „das Thema dran ist“, so Schweitzer.

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